Dienstag, 07. November 2023 Radebeul Lutherkirche

Liebe in Zeiten des Hasses

Einladung zu einem Gemeindeabend mit Dr. Rainer Barczaitis

Unsere Überschrift ist zwar bereits vergeben als Titel eines brillanten Buches, in dem das Jahrzehnt vor dem Zweiten Weltkrieg in Europa anhand von Liebesgeschichten beschrieben wird (Florian Illies, Liebe in Zeiten des Hasses. Chronik eines Gefühls 1929-1939, Fischer Verlag 2021). Sie ist aber auch passender als alles andere, um einen Gemeindeabend anzukündigen, zu dem wir in der Friedensdekade den Übersetzer eines anderen Buches eingeladen haben: „Feindes Liebe“ von Andrew March (Thelem Universitätsverlag 2023).

Der Abend im Gemeindesaal der Lutherkirche soll das Buch vorstellen und ist Teil der diesjährigen Friedensdekade, die mit ihrem Thema „Sicher nicht – oder?“ vielleicht die Verunsicherung aufgreift, mit der wir alle zu kämpfen haben. Oder – auch so kann man es ja auffassen – auf das schauen will, was wir ganz sicher für unmöglich halten.

„Sicher nicht – oder?“ – so würde heute womöglich eine Lehrerin aus unserem Land auf die Frage antworten, ob sie ein Jahr lang an einer Schule in Russland arbeiten wolle. 1936 hat der junge, aus Liverpool gebürtige Fred Clayton das Unmögliche getan. Er ging als Lehrer aus dem freien Großbritannien für ein Jahr in das faschistische Deutschland und unterrichtete an der Dresdner Kreuzschule.

Trotz des völlig fremden Gedankenguts und vieler Meinungsverschiedenheiten über die vaterländisch-völkische Ideologie der Nazis war er bemüht, Gespräche zu führen und Freundschaften zu schließen. Drei Jahre später war Krieg, und alle Kontakte lagen auf Eis.

Nach 1945 wurde aus dem Wagnis, vor dem Krieg ein Jahr im Land der „Barbaren“ gearbeitet zu haben, eine berührende Liebesgeschichte und eine britisch-deutsche Familie. Davon handelt das Buch, das unser Gast ins Deutsche übersetzt hat und das wir an diesem Abend vorstellen wollen. Ist so etwas möglich? Sicher nicht – oder?

In dem Text „Zwei Welten“ hat Fred Clayton seine Erlebnisse selbst – literarisch verfremdet – verarbeitet. Sein Enkelsohn Andrew March ist seit 2014 Pfarrer an der anglikanischen Christophoruskirche in Coventry. Anlässlich des 70. Jahrestags der Bombardierung hat er im Februar 2015 seinen Bischof Christopher Cocksworth nach Dresden begleitet und die Stadt kennengelernt, in der sein Großvater 1936 gearbeitet hat und wo seine deutsche Großmutter in der Kreuzkirche konfirmiert worden war. Auf dem Dachboden seines Elternhauses sichtete Andy March Briefe und Aufzeichnungen seiner Großeltern. Während eines Sabbaticals – einer „Auszeit“ von der Berufsarbeit als Pfarrer – schrieb er das Buch „Loving the Enemy“, das in Großbritannien erschien und ein breites Echo gefunden hat. In seinem Vorwort hat Bischof Dr. Christopher Cocksworth geschrieben: „Die Liebe war nie ein Mittel im Kampf. Die Liebe siegt gerade deshalb, weil sie sich stets dem Einfluss des Hasses entzieht“.

In der Friedensdekade laden wir Sie ein zu einem Abend mit dem Linguisten und Übersetzer Dr. Rainer Barczaitis am Donnerstag, 16. November 2023, 19.30 Uhr im Gemeindehaus an der Lutherkirche.


Pfr. Christof Heinze

Zurück