Haydns „Schöpfung“ in der Lutherkirche Radebeul
Es gibt vieles, auf das man sich beim Besuch von Konzerten in der Lutherkirche Radebeul mit Sicherheit verlassen kann: die gut geschulte, stets einsatzbereite Singfreude und Leistungsstärke der Kantorei, ihre Aufgeschlossenheit für bekannte oder weniger bekannte Werke, die gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Orchester, jetzt der Elbland Philharmonie Sachsen, abwechslungsreiche Konzertprogramme und schließlich immer wieder ein sehr großer Publikumszuspruch. Das klingt nach absoluter Kontinuität, die seit nunmehr einem Vierteljahrhundert einen Namen hat: Kirchenmusikdirektor Gottfried Trepte. Am Reformationstag war es genau fünfundzwanzig Jahre her, dass er sein Amt im Dienste der Musica sacra in Radebeul angetreten hat. Für sein unermüdliches Wirken an dieser Stelle, das so reichlich Frucht trug und trägt und das die Teilnahme am kirchenmusikalischen Leben in dieser Kirche immer lohnt (auch als Rezensentin), kann man Gottfried Trepte nur dankbar sein. Da hängt ein riesiges Maß an Kleinarbeit, Mühe und Überzeugungskraft dran.
Zum Jubiläum etwas Besonderes
Zum Jubiläum gönnte er sich, den Mitwirkenden und Hörern mit Joseph Haydns „Schöpfung“ etwas Besonderes, ein Spitzenwerk der Chorliteratur, das in jeder Hinsicht vor allem für Laien sehr anspruchsvoll ist. Doch die vereinigten Kantoreien aus Radebeul und Coswig schlugen sich echt wacker und waren auf der Höhe der Aufgaben. Der naive Text Gottfried van Swietens über die Schöpfungsgeschichte und die bildhafte Tonsprache Haydns in diesem Oratorium haben es heutzutage sicher nicht leicht, die Hörer zu erreichen – Haydn meinte bei der Uraufführung in Wien 1799 „damit’s alle Leut verstehn, was d’Musik hat sagn wolln“. Überzeugend und spannend war Treptes Interpretation vor allem wegen der ungekünstelten Schlichtheit ihres Ausdrucks, ihrer Kraft, gepaart mit Innigkeit, die so gar nichts von Pathos hatte.
Dicht an dicht standen die Choristen auf dem Altarplatz. Und dennoch reichte der Raum nicht, so dass einige Damen auf den Emporen platziert wurden. Auch wenn sich der Chor manchmal von seiner Begeisterung für Werk und Kantor überwältigen ließ und es ziemlich laut zur Sache ging, war es doch insgesamt ein kleines Chor-Wunder, mit welch sorgfältigen und plausiblen Differenzierungsreichtum das Ensemble über weite Strecken aufwartete. Da kam eben die sotto voce-Passage des Anfangs perfekt, so wie das strahlend schöne Forte „und es ward Licht“! Die Chorfugen wurden sehr schön zu Gehör gebracht. Prächtig entwickelte sich beispielsweise „Stimmt an die Saiten“, wahrhaft jubelnd „Vollendet ist das große Werk“ zum Preis des sechsten Schöpfungstages. Und an der großen Doppelfuge am Ende des Oratoriums „Des Herren Ruhm“, in die sich auch die Solisten einbrachten und in der der Chor noch einmal sämtliche Kräfte mobilisierte, konnte man nur ungetrübte Freude haben.
Um bei der Freude zu bleiben – das Solistentrio war mit Daniela Haase (S), Frank Blümel (T) und Andreas Heinze (B), ergänzt durch Erdmute Trepte im Schlussquartett, ausgesprochen gut besetzt. Koloraturensicher präsentierte sich die Sopranistin, schlank in der Stimmführung und ausdrucksstark der Tenor sowie würdevoll und markant Andreas Heinze in der tiefen Partie.
Die Elbland Philharmonie Sachsen war mit Engagement und – weitestgehend – großem orchestralen Können dabei. Gilt es bei den Blechbläsern doch ein paar qualitative Einschränkungen zu machen, so durfte man vom flexiblen Streicherklang doch angetan sein. Und was Soloflötist Olaf Georgi und seine Holzbläserkollegen leisteten, war einfach nur wunderbar.
Viel Beifall am Ende, der immer wieder zum musikalischen wie geistigen Zentrum der Aufführung gelenkt wurde: KMD Gottfried Trepte.
Mareile Hanns (DNN v. 02.11.2018)