Donnerstag, 16. Januar 2025 MoritzburgRadebeul FriedenskircheRadebeul LutherkircheReichenberg

Bericht eines Radebeuler von seinem Freiwilligendienst

Chaotischer Start in Südafrika

Am Hertiage Day

Chaotischer Start in Südafrika

Abgelehnte Visa-Anträge, Fördermittel-Streichungen und Projekt-Schließungen: Dass die ersten Monate meines Auslandsjahres chaotisch und turbulent ablaufen würden, davor wurde ich gewarnt, jedoch hätte ich mir meine tatsächliche Arbeit wohl kaum vorstellen können.

In diesem Bericht beschreibe ich meine turbulente Ankunftsphase in Pretoria und wie sich meine Freiwilligenarbeit in dem Projekt „Akanani“ von „TLF“ konkret gestaltet.

Ich befinde mich jetzt bereits seit knapp drei Monaten in Pretoria und arbeite konkret in dem Projekt Akanani. Akanani ist ein Projekt der Hilfsorganisation (Nichtregierungsorganisation NGO) Tshwane Leadership Foundation (TLF), welche sich auf die Fahne geschrieben hat, Menschen in Not aus verschiedenen sozialen Gruppen zu helfen. Das Projekt „Akanani“ beschäftigt sich im speziellen mit obdachlosen Männern. Mir wurde im Vorhinein erklärt, wie meine Arbeit bei „Akanani“ im Detail aussehen würde, doch als ich in Pretoria ankam, kam alles ganz anders.

„Akanani“ bestand ursprünglich aus einem Drop-In-Zentrum, in welchem sich obdachlose Männer Hilfe suchen konnten. Es gab Sozialarbeiter, Duschen, PCs für Bewerbungen und manchmal Essen. Mittlerweile ist von dem Projekt nicht mehr viel übrig, denn der Hauptgeldgeber von TLF ist der Südafrikanische Staat, welcher sich entschieden hat, Fördermittel für TLF einzustellen. Das ganze gehört zu einer größeren Strategie des Staates, der konsequent nur noch Obdachlosenhilfe in Townships fördert und so versucht, die Innenstadt von Obdachlosigkeit zu befreien. Der Südafrikanische Staat versucht ein glänzendes Bild von Südafrika und seiner Hauptstadt zu vermitteln, indem er Probleme in die Townships verbannt. Aber was bedeutet das in der Praxis für mich und „Akanani“?

Akanani hatte früher ein eigenes Gebäude mit den oben aufgeführten Hilfsangeboten. Aufgrund der gestrichenen Gelder musste dieses Zentrum jedoch kurz vor meiner Anreise geschlossen werden. Das Projekt „Akanani“ musste in das TLF-Hauptquartier umziehen. Das TLF-Hauptquartier hat allerdings nicht besonders viel für Obdachlose zu bieten, es gibt keine Duschen, keine funktionierenden PCs, wenig Sozialarbeiter und kein Essen. Was in der Praxis dazu führt, dass kaum noch Obdachlose vorbeikommen, was meine Freiwilligenarbeit erschwert. Viele meiner vorgesehenen Aufgaben fallen deshalb weg.

Dafür erwarteten mich aber andere Aufgaben. Ich durfte dabei helfen, Kleidung zu sortieren und diese anschließend an Obdachlose zu verteilen. Ein weiteres Projekt, welches ich mehrmals unterstützt habe, ist das Wieder-auf-Vordermann-bringen des in der Nachbarschaft gelegenen „Burgerspark“, der schon seit langem seinen Charme verloren hat und mittlerweile verfallen und vollgemüllt ist.

Konkret half ich beim Streichen von Kinderspielgeräten und bei zwei Aufräumaktionen des Burgerspark Gewächshauses. Das Gewächshaus wird, seitdem die örtlichen Toiletten nicht mehr funktionieren, von Obdachlosen als Konsumort und Toilette verwendet. In zwei Aufräumaktionen versuchten wir, das Gewächshaus weitestgehend von Exkrementen und Müll zu befreien, um eine zukünftige Nutzung zu ermöglichen.

Mittlerweile bin ich tätig bei „Akanani Outreach Straßenarbeit“. Dabei fahre ich mit meinen Kollegen durch die Stadt und verteile Essenpakete an Menschen, die einer Kollegin bekannt sind. Vor ein paar Wochen sind wir außerdem durch die Stadt gefahren und haben versucht, bei Kirchen Spenden zu sammeln, um die Beerdigung einer Obdachlosen ohne Familie zu bezahlen.

Trotz dieser Aktivitäten gibt es Tage, an denen bei „Akanani“ nur wenig zu tun ist. An diesen Tagen gehe ich meistens in dem Projekt „Yeast“ arbeiten. „Yeast“ steht auch mit TLF in Verbindung und ist eine NGO, welche soziale Wohnungen vermietet. „Yeast“ wird von der südafrikanischen Regierung gefördert und kann so Wohnungen wesentlich billiger an Menschen mit geringem Einkommen vermieten. Ich arbeite bei „Yeast“ im Moment im Büro und helfe den anderen Mitarbeitern bei einfachen Büroarbeiten, wie zum Beispiel Akten ordnen und sortieren.

Highlight meines bisherigen Aufenthalts dürften die zahlreichen Ausflüge und Events sein, zu denen uns TLF-Kollegen häufig mitnehmen. Vor ein paar Monaten wurden wir z.B. zu den Heritage Day Feierlichkeiten von TLF mitgenommen. Bei dem sogenannten Heritage Day, einem südafrikanischen Feiertag, stellen Südafrikaner ihre verschiedenen Kulturen vor und zelebrieren ihre kulturelle Zugehörigkeit. Bei Südafrika handelt es sich um ein Land mit besonders großer kulturelle Vielfalt, Südafrika hat zwölf offizielle Sprachen und weitaus mehr verschiedene Kulturen. Bei unserer Heritage Day Feier wurde viel traditionell gegessen und getanzt.

Weitere Highlights waren Fahrten in Naturreservate, aber auch ein Ausflug mit dem Hauptgeschäftsführer von TLF nach Soweto. In Soweto besichtigten wir das Hector Pieterson Museum. Dort erkundeten wir die historische Bedeutung des Ortes, in dem 1976 dort ein Aufstand von Schulkindern stattfand, welche gegen Afrikaans als Schulsprache, aber auch das Apartheidsystem demonstrierten. Die Demonstration wurde von der Polizei blutig aufgelöst und der Aufstand niedergeschlagen. Außerdem besichtigten wir in Soweto auch das Haus, in dem Nelson Mandela sich lange aufhielt und wohnte.

Insgesamt habe ich viel Spaß in Südafrika, das Zusammenleben mit meinen vier Mitfreiwilligen klappt sehr gut. Leider mussten zwei andere Freiwillige in Deutschland bleiben, da ihr Visum zweimal abgelehnt wurde. Sie werden uns jedoch im Sommer für einige Wochen ohne Visum besuchen kommen. Das Leben in Pretoria ist wunderbar und ich freue mich auf die kommenden Monate.

Curt Ruben Frangen aus der Friedenskirchgemeinde Radebeul

Zurück