Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!
Halleluja!
Psalm 150, 6
Den markanten Vers aus dem letzten aller Psalmen hat Johann Sebastian Bach in einer seiner Motetten für eine meisterhafte Fuge verwendet. Jedes mal, wenn ich als Kruzianer dieses Werk mitsang und gegen Ende diese Worte erklangen, ergriff mich ein Schauer auf dem Rücken ob des ausbrechenden Jubels und des am Schluss weit nach oben singenden Soprans (bis zum b²!) und des danach von allen Stimmen gemeinsam intonierten HALLELUJA‘s.
Der musikalische Jubel kennt keine Grenzen und stieg sogar fast bis in den Himmel. Der innewohnenden Freude, die eigenen Kräfte nicht schonend, kann man sich an dieser Stelle keineswegs entziehen. Das Lob Gottes scheint an seine Grenzen gekommen zu sein – Nein! – dort begann und beginnt es erst.
Es könnten ja noch viel mehr Menschen sein, die sich von diesem Jubel anstecken lassen und in ihn einstimmen wollen. In unseren Gemeinden, in unseren Kirchen und Räumen ist in „normalen Zeiten“ noch Platz dafür, auch wenn bei uns zur Zeit eine Pandemie räumliche und andere Grenzen setzt.
Odem (Atem) dafür haben wir alle – auch jetzt? Er scheint gefährdet. Wir halten inne, sind zumindest, was das Singen in Gemeinschaft angeht, zurückhaltend.
Ein Gottesgeschenk ist das Singen trotzdem, eine wunderbare Gabe, für welche wir immer wieder und mit viel Intensität dankbar sein können. Ja, wir können es: Mit unserem Jubel, mit unser Trauer, mit Klage, mit eindringlichen Bitten, mit überschäumender Lebensfreude, allein oder in Gemeinschaft. Viele Menschen in unserer Gemeinde tun dies ganz regelmäßig. Ihnen allen gilt unser Dank, gerade auch in dieser Zeit!
Angefangen bei den Jüngsten, über die Schülerinnen und Schüler bis hin zu den Erwachsenen spüre ich oft und mit großer Dankbarkeit, wie gerade bei den Kindern die natürlichen emotionalen Lebensäußerungen mithilfe von Musik einen „langen Atem“ bekommen. Viele erst seit ein paar Wochen, Monaten oder Jahren, manche schon seit 30, 40, 50 oder gar fast 60 Jahren – das nötigt doch Respekt ab, oder? Ja es gibt sie, diejenigen welche sich dafür entschieden haben und das Singen als eine Lebenshilfe und eine wesentliche Art, Gott zu loben, erkannt haben. Unsere schon seit Gründung der Lutherkirchgemeinde existierenden Gruppen sind das beste Beispiel dafür: die Kantorei (seit 130 Jahren), die Kurrende (im kommenden Jahr seit fast 75 Jahren) und unser Posaunenchor (seit 85 Jahren). Da kommt es nicht auf große Unterschiede an, nein da tut man sich zusammen und kann als Gemeinschaft so manches Ziel erreichen – sicher nicht gleich eine Bachmotette oder ein ganzes Oratorium – jede und jeder mit seinen Möglichkeiten und seinem „Odem“. Gott ist dafür „verantwortlich“! Ihm gilt unser Lob und unser Dank!
Gottfried Trepte KMD