„Als ich aus der Zelle durch die Tür in Richtung Freiheit ging, wusste ich, dass ich meine Verbitterung und meinen Hass zurücklassen müsste oder ich würde mein Leben lang gefangen bleiben.“ Das sagte der Südafrikaner Nelson Mandela im Jahr 1990. Er hatte gerade nach 27 Jahren das Gefängnis verlassen. Wie konnte das dieser Mann nach einer so langen, politischen Haft sagen, frage ich mich. Mir fallen gute Gründe ein, warum das Zurücklassen von Verbitterung und von Hass oder gar Feindesliebe nicht möglich sind. Gleichzeitig ahne ich die große Kraft, die in dieser Haltung steckt. Wir können Feindesliebe und Versöhnungsbereitschaft so nötig brauchen. Im Bibelwort für den Sommermonat Juli steht die Aufforderung dazu. „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.“
Wer sind die Feinde? Sind es Menschen, die mir Böses angetan haben oder von denen ich mich bedroht fühle, sind es die Unsympathischen, sind es diejenigen, die mir Konkurrenz machen, oder Menschen mit einer anderen Meinung? Manchen gegenüber gibt es gute Gründe für Feindschaft. Aber es gibt auch gute Gründe für die Aufforderung von Jesus. Unsere Welt würde gewinnen, unsere Gesellschaft, unsere Familien. Und nicht zuletzt tut mir selber gut, wenn ich einen Graben der Feindschaft überspringe. Andere, die es geschafft haben, machen mir Mut, dass der Sprung gelingen kann.
Nelson Mandela ist einer von ihnen. Andere Beispiele fallen Ihnen vielleicht beim Lesen oder später beim Nachdenken darüber ein. Ich möchte Feindesliebe nicht von anderen fordern, sie aber selber mehr leben. Ob die Sommerzeit dazu helfen kann? Der Urlaub gibt mir Abstand zu manchen verfahrenen Situationen. Da können sich neue Perspektiven auftun. Diese können beflügeln, altbekannte Menschen mit anderen Augen zu sehen und mit anderen Ohren zu hören. Das wünsche ich Ihnen von Herzen.
Michael Zimmermann, Kirchgemeindevertretung Moritzburg