Das Gemeindehaus (Lutherhaus)

1928 wurde der Beschluss gefasst, in Kötzschenbroda ein Kirchgemeindehaus zu bauen, da sich das Pfarrhaus trotz einiger Umbauten für die wachsende Gemeindearbeit als zu klein erwies.

Die Wahl des Standortes machte sich der Kirchgemeinderat nicht einfach. Die Gemeinde umfasste außer dem dicht besiedelten Altkötzschenbroda auch Niederlößnitz, Naundorf, Zitzschewig, Fürstenhain und Lindenau. Für diese Ortsteile lag aber die Kirche am Rande der Gemeinde. Die Suche nach einem geeigneten Standort in Niederlößnitz scheiterte aber an den Kosten. Dagegen gab es um das Pfarrhaus herum genügend Platz, der durch den Abriss der landwirtschaftlichen Gebäude des alten Pfarrgutes im 19. Jahrhundert entstanden war. So entschied man sich trotz der Randlage zum Bau neben Pfarrhaus und Kirche.

Beauftragt wurden die ortsansässigen Architekten Gebrüder Kießling, die das Gemeindehaus an der Südseite des Pfarrhauses so anbauten, dass  die Form wieder an das alte Pfarrgut erinnerte. Am 11. August 1929 erfolgte die Einweihung des zweigeschossigen Gebäudes mit schiefergedecktem Walmdach und Dachreiter.

Herzstück ist der auch für Gottesdienste nutzbare Gemeindesaal (Luthersaal) im Obergeschoss. Er ist von einer spitzbogigen Holzkonstruktion überspannt, die durch eine Lamellendecke in rhombenförmiger Anordnung geschmückt ist. Die Lamellen sind in den Farben Rot, Blau und Gold gestrichen, die an die Farben alter Marienstatuen erinnern.

Der Altarraum ist erhöht und wird durch ein ausdrucksstarkes Farbglasfenster geprägt, das den richtenden Christus darstellt. Es ist eine Arbeit des Malers Hans Jüchser.

Der Saal hat eine kleine Orgelempore mit einer 2-manualigen Orgel der Firma Jehmlich. Außer dem Saal enthält das Gemeindehaus mehrere Räume sowie eine Küche, Toiletten und einen Duschraum. Im Obergeschoss ist auch das Pfarramt untergebracht.

Nach der Beseitigung der Schäden, die durch das Elbehochwasser 2002 am Gebäude und dem Pfarrhof entstanden waren, kann auch dieser wieder durch die Gemeinde für besondere Feste und Veranstaltungen genutzt werden.

Kirchengeschichte in unserem Gemeindehaus

Im Lutherhaus sind immer wieder Besucher anzutreffen, die nicht zur Gemeinde gehören oder zur Kirche keine besondere Verbindung haben.

Manchmal fragen sie: Wer sind denn die Personen, nach denen die Zimmer des Hauses benannt sind?

Vermutlich wissen auch nicht alle Gemeindeglieder darüber Bescheid. Auf den Unterseiten werden darum diese Personen kurz vorgestellt und wichtige Dinge ihres Lebens erwähnt. Damit wird ein gutes Stück Kirchengeschichte lebendig, denn alle haben in ihrer Zeit aktiv auf ihr Umfeld und ihre Kirche Einfluss genommen und selbst ein Stück Kirchengeschichte geschrieben.

Die Namensträger der Gemeinderäume

Martin Luther
Reformatorengruppe: (v.r.n.l.) Melanchton, Cruciger, Jonas, Erasmus, Bugenhagen, Luther, Spalatin, Forster

Im Lutherhaus sind immer wieder Besucher anzutreffen, die nicht zur Gemeinde gehören oder zur Kirche keine besondere Verbindung haben. Manchmal fragen sie: Wer sind denn die Personen, nach denen die Zimmer des Hauses benannt sind?

Vermutlich wissen auch nicht alle Gemeindeglieder darüber Bescheid. In der Folge werden darum diese Personen kurz vorgestellt und wichtige Dinge ihres Lebens erwähnt. Damit wird ein gutes Stück Kirchengeschichte lebendig, denn alle haben in ihrer Zeit aktiv auf ihr Umfeld und ihre Kirche Einfluss genommen und selbst ein Stück Kirchengeschichte geschrieben.

Der Reformator unserer Kirche, Dr. Martin Luther, gab dem Gemeindehaus seinen Namen. Nach dem zweiten Weltkrieg, Ende der vierziger Jahre, hat der Kirchenvorstand beschlossen, auch den Zimmern Namen zu geben. Wir werden sehen, dass es dabei zu einer sehr wohl überlegten Auswahl kam, und wir eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten kennen lernen, die für die Geschichte unserer Landeskirche und das Eigenverständnis unserer Kirchgemeinde von Bedeutung waren und sind. Parallel zu den Veröffentlichungen soll im Lutherhaus neben jedem Raum ein kurzer Text ausgehängt werden, der die wichtigsten Lebensdaten der Genannten enthält. Die Darstellung im Monatsplan kann natürlich nur sehr knapp ausfallen, sollte aber anregen, sich weiter mit den Persönlichkeiten und ihrer Zeit zu beschäftigen.

Das Haus und der schöne Gemeindesaal wurden nach Martin Luther benannt, ein Luther-Relief nach dem Entwurf des Bildhauers Burkhard Ebe ziert den Eingang: Ende des 19. Jahrhunderts begann in Deutschland eine so genannte Lutherrenaissance. Luther wurde nicht nur von der Theologie neu bewertet, er wurde teilweise zum Volkstribun. Zu Jubiläen wurden Lutherlinden und Luthereichen gepflanzt, sein Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" wurde teilweise wie eine Hymne im Stehen gesungen. Zum 300-jährigen Jubiläum der Einführung der Reformation in Sachsen wurde 1839 auch vor unserer Kirche eine Linde gepflanzt, die leider im Jahre 2004 Aufgrund von Pilzschäden gefällt werden musste.

Die besondere Verehrung Luthers mag zur Namensgebung unseres Gemeindehauses beigetragen haben, obwohl gesicherte Erkenntnisse über den Prozess der Namensfindung nicht bekannt sind. Etwas Neues über Luther zu schreiben ist natürlich unmöglich und seine wichtigsten Lebensdaten sollen nur der Vollständigkeit halber genannt werden. Geboren wird er als Sohn eines Bergmannes am 10. November 1483 in Eisleben. Die Kindheit und Jugend verlebt er in Mansfeld, Magdeburg und Eisenach. Im Jahre 1501 beginnt er sein Studium in Erfurt, tritt 1505 ins Augustiner Kloster als Mönch ein und beginnt das Studium der Theologie. Im Erfurter Dom wird er am 4. April 1507 zum Priester ordiniert. Vier Jahre später wird er als Professor an die Universität Wittenberg berufen. Martin Luther promoviert 1512 zum Doktor der Theologie und erlangt damit den höchsten akademischen Grad, der zu erreichen war. Seine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit und die tiefgründige Beschäftigung mit der Heiligen Schrift führten zu der kritischen Auseinandersetzung mit der Kirche seiner Zeit.

Der Anschlag der 95 Thesen

am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg war ein Teil dieser Auseinandersetzungen. Damit begann die reformatorische Bewegung, die in ihrem Umfang und Auswirkungen  überhaupt nicht absehbar war.

Luther wird 1520 mit dem päpstlichen Bann belegt, er muss auf dem Reichstag in Worms (1521) vor dem Kaiser und den Mächtigen des Reiches seine Lehre verteidigen. Friedrich der Weise sorgt dafür, dass Martin Luther vor Verfolgung geschützt wird, er lässt ihn auf die Wartburg "entführen". Während seines Aufenthaltes auf der Burg übersetzt Martin Luther das Neue Testament ins Deutsche. Dazu verwendet er das "feinste meißnersche Kanzleideutsch" und sorgt auf diese Art und Weise mit für eine einheitliche deutsche Rechtschreibung.

In all den folgenden Jahren des Kampfes um sein Werk tut Luther auch in seinem persönlichen Leben einen ungewöhnlichen und geradezu revolutionären Schritt. Im Juni 1525 schließt er die Ehe mit Katharina von Bora, einer ehemaligen Nonne. Er begründet damit praktisch die evangelische Pfarrerfamilie, denn bis dahin war die Ehelosigkeit der Priester zwingend. Dem Ehepaar Luther wurden 6 Kinder geschenkt.

Gemeinsam mit Melanchton und anderen Freunden führt Luther die weitere Übersetzung der Bibel fort, so dass 1534, nach 13-jähriger Arbeit, die erste Voll-Bibel erscheinen kann. Mit der für alle Bürger nun in Deutsch lesbaren Bibel, mit dem Kleinen Katechismus für die Unterweisung der Gemeinde und den in unserem Gesangbuch noch vorhandenen Liedern, ist das Erbe Luthers bis heute der Gemeinde täglich gegenwärtig.

Luther starb am 18. Februar 1546 in seiner Geburtsstadt Eisleben, wo er am 14. Februar noch einmal gepredigt hatte. Wir haben heute vielleicht ein anderes Lutherverständnis als die Erbauer unseres Gemeindehauses. Jede Zeit hatte ihre eigene Sicht auf Luther. Nicht selten wurde er sogar zu politischen Zwecken missbraucht. Als Glieder unserer Evangelisch -Lutherischen Landeskirche sehen wir in ihm den Mann, der seiner Kirche den Blick auf Christus als dem Herrn der Kirche von vielen unnützen Äußerlichkeiten frei gemacht hat. Werk und Erbe Luthers sind so gewaltig und umfassend, dass es nur von Nutzen für jeden evangelischen Christen sein kann, sich immer wieder einmal mit Luther zu beschäftigen. Das kann schon damit geschehen, seinen Kleinen Katechismus, seine vielen Lieder in unserem Gesangbuch oder das ebenfalls im Gesangbuch abgedruckte Augsburgische Bekenntnis zu lesen und für uns Heutige zu übersetzen.

Johann Sebastian Bach
Johann Sebastian Bach

Im Bach-Zimmer unseres Gemeindehauses probt zur Zeit der Chor das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Gerade durch dieses Werk ist Bach einer breiten Öffentlichkeit gegenwärtig.Aber wir verdanken diesem großen evangelischen Kantor viel mehr.

Am 21. März 1685 wird er in Eisenach geboren. Der Vater ist Stadtpfeifer, ein sehr angesehener Musiker in Eisenach. Er erkennt das große Talent seines Sohnes und beginnt frühzeitig mit der musikalischen Ausbildung. Bei seinem ältesten Bruder Christoph und später auf der Wanderschaft wird durch bedeutende Musiker ein solides Fundament für einen heranwachsenden Künstler gelegt. Schon mit 18 Jahren erhält er 1703 die Organistenstelle an der Neuen Kirche in Arnstadt.

Im Jahre 1707 wird er Organist an der Kirche St. Blasius in Mühlhausen. Hier wird seine Kantate "Gott ist mein König", die er zum feierlichen Ratswechsel aufführte, zu Lebzeiten als einziges seiner gesamten Werke gedruckt. Im selben Jahr heiratet Bach seine Cousine Maria Barbara Bach. Ein Jahr später wird er als Hoforganist und Kammermusikus an den Weimarer Hof berufen, wo sich über neun Jahre hin eine große Schaffensperiode entfaltet.

Von 1717 bis 1723 ist Bach Hofkapellmeister am Hofe des Fürsten von Anhalt- Köthen. In dieser Zeit entstehen viele Orchesterwerke, da am calvinistischen Hof keine Kirchenmusik benötigt wird. Der plötzliche Tod seiner Frau Barbara im Jahr 1720, sie hatte ihm 7 Kinder geboren, ist ein gravierender Einschnitt. Im Jahr darauf heiratet Bach die Sängerin Anna Magdalena Wülckens. Die bedeutendste Schaffensperiode Bachs beginnt mit der Berufung zum Leipziger Thomaskantor im Jahr 1723. Die großen Passionen, Motetten, Kantaten und Orgelwerke, die für den gottesdienstlichen Gebrauch geschaffen werden, bilden bis heute ein Fundament evangelischer Kirchenmusik.

Es liegen mehrere komplette Kantatenjahrgänge vor, in denen für jeden Sonntag des Kirchenjahres eine Kantate zum Bibeltext des Sonntags vertont ist. Wenn Bach seine Kompositionen mit dem Vermerk "S:D:G." (Soli Deo Gloria = Gott allein zur Ehre) abschließt, so sollte das auch für uns heute immer gelten.

Bachs Musik hat im Gottesdienst ihren Platz.

Am 28. Juli 1750 stirbt Johann Sebastian Bach in Leipzig. In der Thomaskirche ist seine letzte Ruhestätte.

Johann Christoph Blumhardt

*1805 Stuttgard +1880 Bad Boll

Das Lied „Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht“ (EG 375) zeigt seinen kämpferischen Geist und die Glaubensgewissheit. Er wird am 16. Juli 1805 in Stuttgart geboren. Seine Eltern sind evangelisch und gehören zu den damals recht starken pietistischen Kreisen. Lobgesang, Gebet und Bibellesen bilden einen Dreiklang in der Familie.

Johann Christoph wird als besonders begabtem Schüler eine kostenlose Ausbildung an einem Landesgymnasium ermöglicht. An schließend studiert er Theologie an der Universität Tübingen.

Nach dem Vikariat arbeitet er von 1830 bis 1837 als Lehrer am Missionshaus in Basel. Danach findet er keine geeignete Pfarrstelle und wird dem älteren Ortspfarrer in Iptingen als Vikar zu geordnet. Die Gemeinde zählt zu den am schwierigsten zu verwaltenden Kirchspielen in der Württembergischen Landeskirche.

Aus Glaubensgründen gab es eine Kirchenspaltung, die über Jahre nicht zu beseitigen war. Blumhardts Vollmacht in der Predigt und seine Zuwendung zu den einfachen Menschen brechen Verkrustungen auf und führen letztlich zu einer Versöhnung.

Im Juli 1838 bekommt er eine eigene Pfarrstelle in Möttlingen. Damit wird ihm auch die materielle Voraussetzung ge - schaffen, endlich zu heiraten.

Prägend für Blumhardts Wirken wird eine Krankenheilung. Über eineinhalb Jahren bemüht er sich mit seiner Frau Doris um die von schlimmen Anfallsleiden geplagte Gottliebe Dittus. Alle ärztliche Kunst kann ihr nicht helfen. Blumhardt ist überzeugt, dass in Jesu Namen Heilung möglich ist.

Die Heilung gelingt und führt zu einer Erweckungsbewegung. Es bildet sich eine große Gemeinde, weit über die Grenzen Möttlingens hinaus, die auf eine Erneuerung der Christenheit durch er - neute Ausgießung des Heiligen Geistes hofft.

Im Jahre 1852 kauft Blumhardt die alten Gebäude des Staatsbades in Bad Boll. Dort findet sich eine Hausgemeinde zu sammen, in der Menschen aus allen Teilen Europas zusammen kommen. Ihnen wird Tröstung und Heilung an Leib und Seele zuteil.

Seine theologische Tiefe und Glaubenskraft machen Blumhardt zu einem viel gefragten Prediger und Redner auf Kirchentagen und Missionsfesten.

Er stirbt am 25. Februar 1880 in Bad Boll. Sein Sohn Christoph hat dafür gesorgt, dass die Arbeit weitergeführt werden kann. Johann Christoph Blumhardts Lied "Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht" (EG 375) zeigt den kämpferischen Geist und die Glaubensgewissheit Blumhardts.

Friedrich von Bodelschwingh

Theologe und Leiter der Heil- und Pflegeanstalt Bethel

Friedrich von Bodelschwingh wurde am 6. März 1831 in Tecklenburg (Westfalen) geboren. Sein Vater war Landrat und später preußischer Finanzminister. Die Geborgenheit im wohlhabenden christlichen Elternhaus und die sozialen Gegensätze der Großstadt Berlin wurden von ihm sehr schnell erkannt. Als Primaner war er direkt Zeuge der Märzrevolution von 1848.

Nach einer Ausbildung als Landwirt war er als landwirtschaftlicher Inspektor tätig. In dieser Zeit fielen weit reichende Entscheidungen für sein Leben. Das Elend der Landarbeiter, die Not der Kinder und Familien, die oft unter der Trunksucht der Väter litten, erschreckten und erschütterten ihn. Er findet intensiven Zugang zur Bibel und hört in einem Gottesdienst den Ruf nach Arbeitern im Weinberg des Herrn. Er sagt JA und beginnt, Theologie zu studieren. Bereits in dieser Zeit nimmt er aktiv soziale Aufgaben wahr. Nach drei Jahren Tätigkeit als Gemeindepfarrer wird er 1872 nach Bethel berufen. Er übernimmt die Leitung der 1867 gegründeten Anstalt für Anfallsleidende.

Der Kreis wird bald auf geistig und körperlich Behinderte ausgedehnt. Auch in Not geratene und an der neuen Industriegesellschaft gescheiterte Menschen werden aufgenommen. Bethel wuchs mit immer neuen Häusern, Krankenhäusern und dem Zentrum, der Zionskirche, zur Stadt der Barmherzigkeit.

Bodelschwingh beschäftigte immer mehr die Frage einer gesetzlichen Regelung der Fürsorgearbeit. So ist es nicht verwunderlich, dass er im Alter von 75 Jahren bereit war, ein Mandat im Preußischen Landtag anzunehmen. Im Raum von Berlin war die Not der Arbeits- und Obdachlosen riesig. Er gründet 1905 die Anstalten Hoffnungstal; im Jahr 1906 Lobetal sowie 1905 in Bethel eine Theologische Schule. Die hier ausgebildeten Pfarrer sollten die Arbeit der Diakonie zur Sache der Kirchgemeinden machen.

Bethel wurde eine der bedeutendsten Einrichtungen der diakonischen Arbeit in Deutschland. Friedrich von Bodelschwingh starb am 2. April 1910. Sein Sohn Friedrich führte die Arbeit weiter und erwarb sich große Verdienste im Kampf gegen die Vernichtung von Behinderten in der NS-Zeit. Da das Diakonische Amt (früher "Innere Mission") unserer Landeskirche in unserer Gemeinde ihren Sitz hat, wurde ein Zimmer nach Bodelschwingh benannt.

Text: Siegfried Schubert

Weitere Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_von_Bodelschwingh_der_%C3%84ltere

Dietrich Bonhoeffer

Von guten Mächten wunderbar geborgen.

Die Reihe der Lebensbilder von Persönlichkeiten, nach denen die Räume unseres Gemeindehauses benannt sind, soll mit Dietrich Bonhoeffer beginnen.
Sein einhundertster Geburtstag in diesem Jahr ist ein besonderer Anlass dafür. Er wurde am 4. Februar 1906 in Breslau geboren. Die Familie zog 1912 nach Berlin, als der Vater eine Professur an der Charité übernommen hatte.

Dietrich begann nach dem Abitur 1923 mit dem Studium der Theologie in Tübingen, später in Berlin. Er schloss es im Alter von 21 Jahren mit der Doktorarbeit ab.

Nach einem Vikariat in Barcelona und einer Assistentenzeit in Berlin folgte ein einjähriger Studienaufenthalt in New York. Anfang der 30er Jahre lehrte er als Privatdozent an der Berliner Universität. Er nahm an verschiedenen internationalen kirchlichen Konferenzen teil und pflegte viele ökumenische Kontakte. Von 1933 bis 1935 war er Pfarrer der deutschen Gemeinde in London.

1935 kehrte er auf Bitten der Bekennenden Kirche nach Deutschland zurück und übernahm die Leitung des Predigerseminars der Kirche von Berlin- Brandenburg in Finkenwalde bei Stettin. Hier arbeitete er intensiv mit einem Kreis junger Theologen, zu denen u.a. sein Biograph und Freund Eberhard Bethge und der spätere Berliner Bischof Albrecht Schönherr gehörten.  Bonhoeffer veröffentlichte zahlreiche theologische Arbeiten und beschäftigte sich intensiv mit dem Auftrag der Kirche in einer religionslosen Zeit. Im September 1938 wurde das Predigerseminar von der Gestapo geschlossen, er fand eine neue Form der Ausbildung.

1939 wird ihm bei einer Reise in die USA nahe gelegt zu bleiben - er entscheidet sich für die Rückkehr nach Deutschland. Hier erhält er öffentliches Rede- und Schreibverbot.

Er beteiligt sich nunmehr aktiv am Widerstand und versucht, durch seine ökumenischen Verbindungen die Westmächte über Pläne der Widerstandsbewegung zu informieren.

Im April 1943 wird Bonhoeffer verhaftet. Ihm wurden zum Teil völlig abwegige Dinge unterstellt, nie hat es einen ordentlichen Prozess gegen Dietrich Bonhoeffer gegeben.

Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 werden Verschwörer und Mitwisser rigoros verfolgt. Bonhoeffer kommt in das KZ Buchenwald. Am 5. April 1945 ordnet Hitler an, auch Dietrich Bonhoeffer zu vernichten. In den Morgenstunden des 9. April 1945 wird Dietrich Bonhoeffer im KZ Flössenburg hingerichtet.

Aus der Zeit seines Gefängnisaufenthaltes sind uns viele Briefe an Verwandte und Freunde erhalten geblieben, die nicht selten auf abenteuerlichen Wegen den Empfänger erreichten. Sein Freund Eberhard Bethge, an den allein ca. 200 Seiten gerichtet waren, hat 1951 in dem Buch "Widerstand und Ergebung" diese Briefe veröffentlicht. Auch heute sind diese Briefe ein Schatz der Kirche in einer säkularen Zeit.

Sehr vielen Menschen sind aber seine Verse bekannt, die er zum Jahreswechsel 1944/45 seinen Eltern schickte:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag. (EG Nr. 65)

Unmittelbar nach dem Krieg wurde in unserer Gemeinde ein Zimmer nach Dietrich Bonhoeffer benannt. Mit Pfarrer Gerhard Richter und Helmut Deckert als Kirchvorsteher seien stellvertretend zwei Namen genannt, die in unserer Gemeinde die Bekennende Kirche vertraten. Sie wussten, welchen Verlust der Tod Bonhoeffers für unsere Kirche bedeutet hat.

Hugo Hahn
Hugo Hahn (1886 – 1957)

Pfarrer, Widerständler, Bischof

Hugo Hahn wurde am 21. September 1886 in Reval (heute Tallin, Estland) geboren.
Sein Vater war dort Pfarrer. Nach dem Abitur in St. Petersburg studierte Hugo Hahn Theologie und war von 1910 bis 1919 als Pfarrer in Estland tätig. Nach der Erschießung seines Bruders und weiterer baltischer Pfarrer ist die Familie 1919 nach Deutschland ausgewandert. Hugo Hahn übernahm eine Pfarrstelle im Eichsfeld, später an der Thomaskirche Leipzig. 1930 wurde er als Erster Pfarrer an die Frauenkirche in Dresden berufen, zugleich war er Superintendent von Dresden-Land.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 und der Einflussnahme der Deutschen Christen auf die Geschicke der Landeskirche, war Hugo Hahn einer der ersten aktiven Gegner. Am 29. Mai 1934 hielt er die Predigt im Eröffnungsgottesdienst der 1. Bekenntnissynode von Barmen. Hahn gehörte zu den Gründern des Pfarrernotbundes und wurde dessen Vorsitzender. Der Pfarrernotbund verweigerte dem vom Sächsischen Innenminister ohne Synodalbeschluss eingesetzten Landesbischof Coch die Anerkennung.

Im Jahr 1934 wurde Hahn kurzzeitig verhaftet und seines Amtes enthoben, 1938 wurde er durch die Gestapo aus Sachsen ausgewiesen und aus dem Dienst der Sächsischen Landeskirche entlassen. Von 1939 bis 1947 konnte er in Württemberg als Pfarrer tätig sein. Unmittelbar nach dem Krieg wurde Hugo Hahn Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands. Er gehörte zu den Unterzeichnern des Stuttgarter Schuldbekenntnisses vom 19. Oktober 1945. Erst 1947 konnte er nach Sachsen zurückkehren. Am 21. Oktober 1947 wurde Hugo Hahn im Dom zu Meißen in das Amt des Sächsischen Landesbischofs eingeführt. Seine Aufrichtigkeit und sein Widerstand in den Zeiten des Nationalsozialismus haben ganz wesentlich zur Glaubwürdigkeit der Kirche nach dem Krieg beigetragen. Die Zeiten des Kirchenkampfes waren an ihm nicht spurlos vorüber gegangen, und die schwere Krankheit zwang ihn, bereits im Oktober 1953 das Bischofsamt an seinen Nachfolger Landesbischof Noth zu übergeben. Am 5. November 1957 starb Altbischof Hugo Hahn in Dresden. Unsere Junge Gemeinde, die heute das Hahnzimmer in unserem Gemeindehaus vorwiegend nutzt, hat einen ehrenvollen Namen zu vertreten.

08/2006 - Siegfried Schubert

D. Ludwig Heinrich Ihmels

Erster sächsischer Landesbischof nach dem Krieg und über die sächsische Landeskirche hinaus aktiv.
Ludwig Ihmels wird am 29. Juni 1858 in Middels (Ostfriesland) geboren. Nach Studium der Theologie und Gemeinde - pfarramt ist er an der Universität Erlan- gen tätig und promoviert zum Doktor der Theologie (D.). Im Jahre 1902 wird er als Professor für Systematische Theologie nach Leipzig berufen. Als der Erste Weltkrieg beginnt, gehört er zu denen, die diesen Krieg nicht bejubeln. Er wider- spricht der weit verbrei- teten Anschauung, Gott sei ein deutscher Gott. Es ist ein Irr- wahn, als wäre Gott gerade unseres Volkes Gott; er ruft die Gemeinde auf, sie solle nur ja Gott nicht verlas- sen.

Der oberste Geistliche der Sächsischen Lan- Ludwig Heinrich I deskirche ist in diesen Jahren der vom König berufene Oberhof- prediger. Dieses Amt hat bis 1922 Dr. Franz Dibelius inne. Nach der Abschaf- fung der Monarchie und der Trennung von Staat und Kirche wird auch die Säch- sische Landeskirche umgebildet. Die Synode wählt mit D. Ludwig Ihmels ihren ersten Landesbischof. Die damalige sächsische Regierung will die Amtseinführung verhindern, da ihr Ihmels nicht genehm ist. Sein fortge- schrittenes Alter ist der äußere Anlass.

In einem Gerichtsprozess wird die Forderung des Landes verworfen mit der Begründung, dass der Bischof nicht dem öffentlichen Beamtenrecht unterstellt ist. Am 1. Oktober 1922 wird er in der Dresdner Sophienkirche in das Amt eingeführt.

Zu den Hauptaufgaben des ersten Landesbischofs gehört die Neuordnung der nunmehr von König und Staat unabhän- gigen Kirche. Unter anderem gründet er gemeinsam mit dem Studiendirektor Martin Doerne 1927 das Predigerseminar Lückendorf.

Als Bischof legt er den Vikaren zwei Sätze ans Herz: Lassen Sie die Predigt das Hauptstück Ihres Amtes sein, weil da die Entscheidungsschlachten geschlagen werden und Nun, meine Herren, habe ich noch eine persönliche Bitte: Werden Sie Beter!

Hinter das Geheimnis des göttlichen Wortes els (1858 1933) kommt man nicht mit Lexikon und Grammatik, sondern am Ende nur auf den Knien. Über die sächsische Landeskirche hinaus ist er im Lutherischen Weltkonvent aktiv. Auf der Stockholmer Weltkirchen- konferenz für Praktisches Christentum 1925 ist er neben dem schwedischen Erzbischof Söderblom die führende Gestalt des Luthertums.

Landesbischof D. Ludwig Ihmels stirbt am 7. Juni 1933 in Leipzig.

Magister Augustin Prescher

52 Jahre Pfarrer in unserer Gemeinde

Augustin Prescher wurde am 29. August 1593 in Lommatzsch geboren. Sein Vater war der Bürgermeisters Jacob Prescher. Nach der Ausbildung an der Fürstenschule Meißen studierte Augustin von 1615 bis 1620 in Leipzig Theologie, er erwarb den akademischen Grad eines Magisters.
Seine erste Pfarrstelle trat er 1621 in Obergruna bei Siebenlehn an.

Zwei Jahre später wurde er als Pfarrer an die Kirche zu Kötzschenbroda berufen. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges hat er seiner Gemeinde in vielen Notsituationen beigestanden. Schwedische Soldaten zerstörten 14. März 1637 die Kirche, fast der ganze Ort wurde vernichtet. Unter der Leitung von Augustin Prescher begann im gleichen Jahr der Wiederaufbau der Kirche. Er dauerte fast 20 Jahre. Nach Abschluss der Arbeiten hatte die Kirche eine neue Orgel, vier Glocken und eine Uhr.

Vielleicht ist es auch der Bekanntheit von Pfarrer Prescher zu verdanken, dass das hiesige Pfarrhaus im August 1645 zum Ort der Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Sachsen und Schweden gewählt wurde. In einer Legende wird berichtet, dass es am Tag der Unterzeichnung des Vertrages (27. August) im ganzen Pfarrhaus keinen dem Anlass entsprechenden Tisch gab. Prescher soll beim Böttchermeister Knoth, der an diesem Tag die Hochzeit seiner Tochter ausrichten wollte, einen Tisch erbeten haben. Es heißt weiter: "Der Brautvater übergibt unter Gebet und Danken den Tisch mit allen darauf befindlichen Festspeisen. Die Verhandelnden haben das Geschenk gerne angenommen. Der Waffenstillstandsvertrag konnte dann unterzeichnet werden."

Prescher arbeitete 52 Jahre als Pfarrer in der Gemeinde, er starb am 29. November 1675 in Kötzschenbroda. Sein Grabstein steht heute im Eingang unserer Kirche. Eine Hostiendose und eine Kanne für Abendmahlswein " beides von seiner Frau gestiftet " sind heute noch im Besitz der Gemeinde.

Siegfried Schubert