Geschichte des Posaunenchors

aus der Festschrift zum 100jährigen Bestehen im Jahre 1997

„Jauchzet dem Herrn alle Welt! Mit Trompeten und Posaunen, jauchzet vor dem Herrn, dem König." (ps 98, 4 u. 6) Unter diesem Psalm stand die Gründung des Chores am Montag, dem 13. 12. 1897, welche im Pfarrhaus zu Kötzschenbroda stattfand.

und so sah unser Posaunenchor im Jahr 2007 aus

Von der Gründung unseres Chores und seiner Arbeit vor über 120 Jahren

Vergoldermeister Franz Petri, der in seiner Jugend Flügelhornblasen gelernt hatte, befaßte sich schon lange mit dem Gedanken, einen Posaunenchor ins Leben zu rufen und regte die Gründung eines solchen in Kötzschenbroda an.

Als die nötigen Instrumente: 3 Flügelhörner, 1 Tenorhorn und 2 Posaunen, die alle aus freiwilligen Beiträgen ange­schafft wurden, zusammen waren, stand der Gründung des Posaunenchors nichts mehr im Wege. Auch fanden sich schnell Blaswillige. Sie waren alle Mitglieder des Evang. Luth. Männer- und Jünglingsvereins Kötzschenbroda.

„Jauchzet dem Herrn alle Welt! Mit Trompeten und Posau­nen, jauchzet vor dem Herrn, dem König." (ps 98, 4 u. 6) Unter diesem Psalm stand die Gründung des Chores am Montag, dem 13. 12. 1897, welche im Pfarrhaus zu Kötzschenbroda stattfand. Der damalige Pfarrer Große hielt an die Bläseranfänger eine Ansprache, wobei der 150. Psalm zu Grunde gelegt wurde. Danach erklärte man die Instru­mente und verteilte sie an die Bläseranfänger.

„Der liebe Herr gebe ferner zu dieser Sache sein Gedei­hen". Mit dieser Bitte schließt der Bericht über die Grün­dung unseres Chores, somit wurde der Grundstein für allen bläserischen Dienst in unserer Gemeinde gelegt und 100 Jahre Posaunenarbeit in der Kirchgemeinde der Friedrichskirche Kötzschenbroda möglich gemacht.

Wie ging es weiter mit dem Posaunenchor in Kötz­schenbroda?

Zunächst bestand der Chor aus 5 Bläsern und wuchs im 1. Jahr auf 7 Mitglieder an. Die Bläser, die wahrscheinlich vom Chorleiter Franz Petri geschult wur­den, traten zum 1. Mal am 21.3. 1898 zur Einführung eines neuen Gemeindepfarrers auf, dabei bliesen sie:

„Lobe den Herren den mächtigen König der Ehren" und „So nimm denn meine Hände". Am Tag vorher unternah­men die Bläser einen Ausflug nach dem Himmelbusch, um den Unterschied des Blasens im Zimmer, zum Blasen im Freien festzustellen.

Liest man weiter in den Aufzeichnungen, aus der Grün­dungszeit unseres Chores, so staunt man, wie nach einem halben Jahr nach Gründung des Chores Prä­senz in der Öffentlichkeit gezeigt wurde: So wird am 1. Pfingsttag um 3 Uhr morgens!!! nach dem Läuten vom Turm geblasen. Am Sonntag Trinitatis 1898 blies man in Weistropp nach dem Gottesdienst vom Turm und in der Nachmittagsversammlung: „Wir sollten blasen, was wir geübt hatten, aber leider wurde unsere Freude zu Was­ser. Der Herr Kantor kümmerte sich wenig um unsere Lieder, denn,er sagte ganz einfach, sie kann meine Ge­meinde nicht singen ... Wir sollten noch ein Solostück „Wachet auf ruft uns die Stimme" blasen. Aber, o weh, statt zum Aufwachen zu blasen, verstummte die erste Stimme mitten im Liede. In Betracht kommt, daß wir nur im Quartett gespielt hatten, da die anderen drei Stimmen noch nicht im Chor mitspielten.

So manche Begebenheit aus der Anfangszeit läßt erken­nen, daß die Freuden aber auch so manche Not in der Bläserarbeit von damals sich in manchen Dingen heute von unseren Bläservätern gar nicht wesentlich unter­scheidet.

Am Himmelfahrtstag 1899 erlebten die Bläser folgendes:
„Mit der Bahn gings zum Innern-Mission-Fest nach Ober-pesterwitz. Auf der Eisenbahn wurden schon etliche Lie­der angestimmt, um einen hübschen Ansatz zu bekom­men; heute sollte doch, so Gott wollte, das erste mal mit der Orgel gemeinsam geblasen werden... Der Erfolg war ein befriedigender... Zu Anfang der Nachversammlung sollte uns eine kleine Demütigung zuteil werden. Beim er­sten Lied fing Herr Cantor an zu singen, ohne uns davon in Kenntnis zu setzen, wir wollten mit kräftig einsätzen, doch unsere musikalischen Kenntnisse vermochten nicht das Publikum in eine andere Tonart zu zwingen (Sie san­gen das Lied in G-Dur, wir bliesen es im ES-Dur), so mußten zu unserem großen Bedauern die Instrumente verstummen. Die Schuld trug Herr Cantor, er bat höflichst um Entschuldigung für diese Rücksichtslosigkeit. Ende gut - alles gut, sagt ein Sprichwort. So auch bei uns. Die letzten Lieder wurden ohne Tadel begleitet... So wurde der Heimweg ein fröhlicher, für die Seele durch die Pre­digt, und eine Erfahrung reicher für die edle Musica." Am 25. 6. 1899 blies der Posaunenchor zum Äußeren-Mis-sions-Fest in Radebeul vom Turm: „Hier wurde uns die Censur 1 a erteilt"!

Mit diesen für uns Bläser immer wieder erstrebenswerten Lob und dem Hinweis auf die Teilnahme am 3. Sächsi­schen Posaunenfest in Zschopau (9. 7. 1899) enden die Aufzeichnungen.

Leider sind aus den Anfangsjahren unseres Chores keine weiteren Aufzeichnungen vorhanden. Wir können dann erst wieder in der Festschrift zum 16. Posaunenfest der Sächsischen Posaunenmission in Kötzschenbroda nachlesen, daß der Chor auf 14 Bläser gewachsen ist. Wieviele Bläser in der 100jährigen Geschichte unseres Chores Dienst getan haben läßt sich nicht ganz genau feststellen. Es seien aber hier die Chorleiter genannt:

1897 bis in die 20er Jahre Franz Petri
Nachfolger bis 1932 sein Sohn Johannes Petri
1932-1936 Pfarrer in Kötzschenbroda Erich Koch
1936-1987 Landesposaunenwart Christoph Franke
seit 1988 Mathias Drese

Autor: Matthias Drese
Der Text wurde aus der Broschüre zum 100-Jährigen Jubileum  1997 entnommen

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Der Zeitraum 1920-1945

Diese Zeit ist geprägt von zwei politischen Gegensätz­lichkeiten: Die Weimarer Republik (1918-1933), der erste Demokratische Staat nach der Abdankung der Monarchen, und dann die Diktatur des Nationalsozialis­mus.

Beides ging an der Kirche nicht spurlos vorrüber.Die Posaunenchöre Sachsens gehörten von Anfang an bis in die Weimarer Republik zum Evangel. Jungmänner­bund in Deutschland. Dieser Anschluß blieb auch mit zu­nehmenden Alter der Männer erhalten.

Die Chöre bedurften jedoch einer zusätzlichen Betreu­ung in ihren speziellen missionarischen und musikali­schen Aufgaben. So wurde in den 20er Jahren Adolph Müller, Pfarrer an der Stadtmission Dresden zunächst ne­benamtlich mit dieser Aufgabe betraut. Mit kleinen Blä­sergruppen betrieb er Volksmission und schulte durch hauptamtliche Mitarbeiter die Bläser in den Chören. Mit einem hauptamtlichen Bläser-sextett führte er innerhalb der Landeskirche Posaunengottesdienste durch, wofür er Liedfolgen drucken ließ, deren Herausgabe nun auch für die Chöre, nach 1945 fortgesetzt wurde.

Bereits1913 hatte Müller begonnen, Notenblätter heraus­zugeben, später zusammengefaßt in Notenbücher „Mit Posaunen". Die Bläserliteratur erfuhr damit eine wesentli­che Erweiterung.

Der Nationalismus gab sich als Ideengrundlage „Blut und Boden" und „Du bist nichts, dein Volk ist alles". Daran änderte auch das im Parteiprogramm aufgenom­mene Schlagwort vom „Positiven Christentum" nichts. Die damals entstandene Gruppe der „Deutschen Chri­sten" versuchte nun, diese heidnischen Ideen in ihrer „Verkündigung" unterzubringen. Das Evangelium wurde verwässert, sogar beiseitegeschoben, oft lag in deutsch­christlichen Predigten nicht ein Bibelwort, sondern ein Wort eines „großen" Deutschen als Leitgedanke zugrun­de. Bibeltreue Christen sammelten sich damals in der Gemeinde der „Bekennenden Kirche".

Mit der „Machtübernahme" 1933 verbot der Staat die kirchliche Jugendarbeit. Damit entfiel für die kirchge­meindlichen Posaunenchöre die bisherige Bindung an das Jungmännerwerk. Die Sächsische Posaunenmission wurde unmittelbar dem deutsch-christlichen Landeskirchenamt unterstellt.

Die Chöre blieben jedoch, bis auf wenige Ausnahmen, ihrer Aufgabe, der Verkündung des Evangeliums von Jesus Christus, treu. So hat sich auch unser Posaunenchor nicht im geringsten von den evan­geliumsabweichenden Ideen der „Deutschen Christen" beeinflussen lassen.

Vom damaligen Landeskirchenamt wurde u. a. auch der Superintendent von Dresden-Land, ein Führer in der Bekennenden Kirche, Hugo Hahn (nach dem Krie­ge erster sächsischer Landesbischof), abgesetzt. Ein Kuriosum trat ein: Die Landskirche Verbot Hahn, Got­tesdienste in Kirchen und kirchlichen Gebäuden zu hal­ten, der Staat jedoch hatte nichts dagegen einzuwen­den, daß Hahn in außerkirchlichen Räumen Gottesdien­ste durchführte. So kam Hahn auf Einladung der Bekennenden Kirche auch einige Male nach Kötz-schenbroda in den Saal der „Goldenen Weintraube" (jetzt Landesbühnen Sachsen) und des „Heiteren Blicks". Wir als Posaunenchor übernahmen Liedbeglei­tung und kirchenmusikalische Ausgestaltung.

Alle übrige Arbeit des Posaunenchors (Gottesdienste in unserer Kirche, Friedhofsblasen, sonnabendliches Chor­blasen vom Kirchturm und an anderen öffentlichen Stel­len der Stadt sowie zu weiteren Anlässen) wurde nicht behindert, so daß bis in die erste Zeit des zweiten Welt­krieges hinein der Chor reichlich zu tun hatte. Der Chor ruhte dann zwangsläufig, weil die meisten Bläser zum Armeedienst eingezogen worden waren.

Mit wenigen Bläsern haben wir im Juni/Juli 1945 wieder zu üben angefangen aus unserer vierstimmigen Literatur. Der Neubeginn war ein Wagnis im Gottesvertrauen, weil wir nicht wußten, wie die sowjetische Besatzungsmacht auf unsere kirchliche Aktivität reagieren würde. So bliesen wir das erste Mal wieder öffentlich vom Turm zum Gottes­dienst am 27. August 1945 aus Anlaß der 300. Wieder­kehr des Tages des Waffenstillstands-Abschlusses zwi­schen Sachsen und Schweden im 30jährigen Krieg: Die Verhandlungen der beiden Kriegsparteien - begleitet durch Gebetsversammlungen der Nachbargemeinde Weistropp in einem Steinbruch - waren im Pfarrhaus des fast völlig zerstörten Ortes Kötzschenbroda geführt und zu einem friedlichen Abschluß gebracht worden.

Seit 1945 versieht unser Chor ununterbrochen seinen Dienst wieder.„Meins Herzens Krön, mein Freudensonn sollst Du, Herr Jesus, bleiben." (Georg Weissei)

Autor: Christoph Franke
Der Text wurde aus der Broschüre zum 100-Jährigen Jubileum  1997 entnommen

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Vom Wiederbeginn der Posaunenarbeit des Kötzschenbrodaer Chores nach dem Zusammenbruch 1945

Mai 1945. Der Krieg war vorbei. Die Russen im Lande. Tausende von Flüchtlingen aus dem Osten, Schlesier, Pommern, Ostpreußen waren auch nach Radebeul geschwemmt worden. Jede Kammer, jeder Winkel war mit ihnen vollgestopft.

Die Russen be­schlagnahmten ganze Teile der Stadt. Häuser und Vil­len mußten geräumt werden. Schlagbäume vor den Straßen, in denen die Russen wohnten. Nachts Aus­gangssperre. Aber auch am Tag waren die Straßen menschenleer. Die Leute hatten Angst. Zuviel war passiert und passierte noch: Vergewaltigungen, Plün­derungen. In den Gärten stocherten Soldaten mit dünnen Eisenstäben nach vergrabenen Schätzen. Keiner wußte, wie es weitergehen sollte, ob es weiter­gehen könnte. Unsicherheit, Angst. Alles Lachen war gestorben. Nur der Himmel lachte. - Es war das schönste Maiwetter, das man sich denken kann.

Ich war mit 16 im Frühjahr noch als Spielzeugsoldat eingezogen, schon wenige Tage nach Kriegsende wieder daheim. Etwa eine Woche vor Pfingsten, Ende Mai also, sprach mich Christoph Franke an. Auch er war offenbar vor der Gefangenschaft bewahrt, kurz nach Kriegsende wieder daheim. Ob wir nicht Pfing­sten blasen könnten. Blasen konnte ich. Im „Jung­volk", einer Naziorganisation für die 10-16jährigen, in der jeder zu sein hatte, ähnlich, wie später die FDJ (wir sagten dazu „Früher Deutsches Jungvolk") war ich etliche Jahre im Fanfarenzug. Da hatte ich das Blasen gelernt. Fanfaren sind auf die Naturtöne ange­wiesen, weil sie keine Ventile haben. Und die Naturtö­ne liegen hoch. Vom F bis zum Hohen F. Ansatz hatte ich also für die erste Stimme.

Aber ich kannte keine Noten und wußte keine Griffe. Die Choralmelodien hatte ich freilich alle im Kopf. Also nahm ich das Flügelhorn meines Vaters, mit dem er 1932 bis zu seinem Tod '36 im Posaunenchor der Friedenskirche schon die erste Stimme geblasen
hatte, suchte mit dem Gesangbuch den Anfangston (oder hatte mir Christoph ein „Kuhlo" gegeben?) und schrieb mir die Griffe auf.

Das sah dann so aus: -/12/ 12/ -/ -/ 12/ 13/ 12/ -/ -/ 2l 1/ -/ 1/ 2l -l 12/ -/ -/ 2l 2l 2l 12/ 2l -l -l 12/ 12/ 2l -l 12/ 12/ 2l -l 12/ 12/ 12/ -/ 12/ 13/ 12/2/-/-//

Kriegt Ihr raus, welches Pfingstlied das ist?* Der erste „Einsatz" fand in Zitzschewig statt. Ober­halb der

Johanneskapelle auf einem Weg zwischen den Weinbergen stellten wir uns auf und bliesen Pfingstlieder und andere. Christoph die zweite Stim­me, ich die erste. Es war ruhiges, sonniges Wetter. Für die, die es hörten, sollte es ein Trost und eine Er­mutigung sein: es geht weiter! Gott straft wohl unser Volk, aber er verläßt es nicht. Sein heiliger Geist ist bei uns. Die so hart bekämpfte und lächerlich gemachte Kirche lebt. Die Nazis haben sie so wenig kaputt ma­chen können wie später ihre feindlichen Brüder, die Kommunisten.
Dieses Blasen mit Christoph Franke am Pfingstmor-gen in den Weinbergen steht mir ganz lebendig vor Augen. Wie es dann weiterging mit dem Posaunen­chor der Friedenskirche - und es ging ja weiter! - das verschwimmt in meiner Erinnerung.

*(Nun bitten wir den Heiligen Geist...)

Autor: Martin Koch
Der Text wurde aus der Broschüre zum 100-Jährigen Jubileum  1997 entnommen

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Zeitraum von 1949 - 1989

Als ich 1951 als Gemeindediakon nach Radebeul kam und am Michaelistag in der Friedenskirche eingewie­sen wurde, blies auch der Posaunenchor und ich denke, nicht nur deshalb, weil damit ein künftiger Blä­ser zu begrüßen war, sondern weil zu solchen und ähn­lichen Anlässen die Posaunen stets mit dabei waren.

Ich wurde mit offenen Herzen sehr freundlich ange­nommen und bekam als Jüngling und Neuling von allen, die z. T. älter waren, das brüderliche „Du" ange­boten, was damals keineswegs selbstverständlich war, Die gute, tragfähige Gemeinschaft, die auch die ganze Familie mit einschloß, erlebte ich besonders be­glückend. Durch all die Jahre hindurch gab es Höhe­punkte, die unvergeßlich bleiben werden:
Exaudi 1962 fuhren wir mit dem „Lößnitzdackel" nach Bärnsdorf. Dort wurde nicht bloß vor der Kirche gebla­sen, sondern auch im Pfarrgarten in fröhlicher Runde gespielt, wo selbstverständlich auch unsere Kinder mit dabei waren.

2 Jahre später unternahmen wir einen Ausflug ins Vogt­land. Dort wurde wieder an verschiedenen Stellen ge­blasen und als Höhepunkt das Musikinstrumentenmu­seum in Markneukirchen besucht. In dieser Gegend also wurden die Instrumente hergestellt, die damals vor allem durch den Verkauf nach West-Deutschland nicht nur der DDR gute Devisen einbrachte, sondern auch der sächsischen Posaunenmission immer wieder ein­mal neue Instrumente bescherte.

1976 führte uns eine Reise nach Kämmerswalde an die Rauschenbachtalsperre. Zuerst besichtigten wir von außen und innen ein dort aufgestelltes Flugzeug, und für viele war das die Möglichkeit, einen solchen „Vogel" einmal ganz nahe und genau anzusehen. Dann ging es in den „Sportwald". Eine Seilbahn, an der man hän­gend ein paar Meter abwärts rollen konnte, war für manche ein Spaß, den man sich nicht entgehen lassen durfte. Kräftige Männer übten sich am Gewichtheben und -stemmen. Bewundert wurde, wie auf so vielen Gebieten, auch hier unser Chorleiter Christoph Franke,
der, dem Rentnerstand schon nahe, olympiaverdächti­ge Leistungen an den Tag legte und nur von einem sehr viel jüngeren Bläser (Rüdiger Gneuß) übertroffen wurde. Bei einem Rundgang um die Rauschenbach-Talsperre erlebten wir dann den Zauber der Natur in dieser schönen Gegend: die Stille, unterbrochen nur vom Gesang der Vögel und das tiefe Blau auf der wei­ten Fläche des Wassers. Bei all diesen schönen Erleb­nissen hatten wir Zeit, uns persönlich auszutauschen und näherzukommen, auch mit den Ehepartnern und Kindern.

Solch gute Gemeinschaft wurde weitergegeben und erlebt auch bei Fahrten mit Behinderten, die wir da­mals durchführten. Der (westdeutsche) Kleinbus mit Hebebühne, der erst die Teilnahme von Rollstuhlfah­rern ermöglichte, wurde von einem Bläser unseres Chores gefahren und von einigen „Trabis" begleitet. An einem Sonntag ging die Fahrt in die Sächsische Schweiz. Daß Rollstuhlfahrer von der Festung König­stein den Blick auch einmal von oben haben konnten (im Gegensatz zu Ihrem Alltag), war für sie ein beson­deres Erlebnis. Mit Sondergenehmigung ging es dann ein ganzes Stück ins Biela-Tal hinein. Ein Picknick im Wald in Begleitung von Volks- und Lobliedern unserer Bläser führte auch dort zu einem Höhepunkt.

Von Behinderten weiß ich, daß sie auch heute noch gerne an die Fahrten nach Bautzen/Rammenau und Seußlitz denken, die nur durch die Begleitung einiger Bläser unseres Chores im doppelten Sinne (praktische Hilfeleistung und Hinführung zum Lobpreis Gottes) möglich wurden.

Die Gewißheit, daß Gott auch in Zukunft immer wieder Menschen rufen wird, die mit dem Instrument ihre Be­gabung, ihre Zeit, Kraft und Geduld zur Verfügung stel­len, macht mich froh und getrost.

Autor: Heinz Rogel
Der Text wurde aus der Broschüre zum 100-Jährigen Jubileum  1997 entnommen

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Die Arbeit des Posaunenchors nach 1989

Selbstverständlich hat sich nach 1989, nach der Wende und Wiedervereinigung, im Auftrag der Kirche, insbesondere auch ihrer kirchenmusikalischen Grup­pen - Chöre und Bläser - nichts geändert. Aber natür­lich hat in jeder Zeit das äußere Umfeld die Arbeit be­einflußt, also auch diese gewaltige Umbruchzeit.

Davon will ich wenigstens einige Dinge herrausgreifen, die die Arbeit des Posaunenchors betreffen. Endlich war es möglich, daß wir reisen durften, die Einbahn­straße war aufgehoben. Es war ein besonderer Höhe­punkt, als wir 1990 kurz vor der offiziellen Wiederverei­nigung, unsere langjährigen Bläserfreunde in Abstatt-Auenstein   bei   Heilbronn   besuchen   konnten. Gemeinsam mit der dortigen Gemeinde und dem Chor feierten wir das Erntedankfest, es war in mehrfacher Weise wirklich ein Fest.

Auch in Letter bei Hanover, der langjährigen Radebeu-ler Partnergemeinde, konnte endlich eine Gruppe, die nicht nur aus Rentnern bestand, einen Besuch abstat­ten. Gemeinsam mit dem dortigen Posaunenchor haben wir den Konfirmationsgottesdienst ausgestaltet und neue Erfahrungen mit nach Hause gebracht.
Aber auch die Arbeit in Radebeul änderte sich in vie­len Punkten. Wir brauchten unser Blasen in der Öffent­lichkeit nicht mehr auf kirchliches Gelände oder auf Privatgrundstücke zu begrenzen. Bisher galt z. B. unser Weihnachtsblasen am 4. Advent vor dem Bahn­hof in Radebeul-West immer als nicht genehmigte Ver­anstaltung, wenngleich wir nie daran gehindert wur­den. Aber es gab plötzlich keine Zuhörer mehr. Beson­dere Waren zur Weihnachtsversorgung, Apfelsinen oder Radeberger Bier u.v.a. konnte man jeden Tag kaufen, die Geschäfte waren am 4. Advent geschlos­sen. Wer geht da zwischen 14.00 und 15.00 Uhr in die Stadt, um sich bei enormen Verkehr ein paar Weih­nachtslieder anzuhören?

Ganz besondere Einschnitte in der Bläserarbeit gab es aber für die Bläser selbst, denn jeder hat in seinem Beruf erhebliche Veränderungen erfahren. Manche haben ihre Arbeit verloren und mußten sich ganz neuen Aufgaben stellen. Wer Arbeit hat, klagt über Mehrbelastungen, und darüber, daß die Zeit zur regel­mäßigen Teilnahme an den Chorproben einfach nicht reicht. Einige haben Aufgaben im öffentlichen Bereich übernommen, z. B. als Abgeordnete. Und Urlaubszeit ist auch das ganze Jahr (wie schön). All das führte aber auch dazu, daß unser Chorleiter bei so mancher Probe nicht weiß, ob beim nächsten Einsatz alle Stim­men gut besetzt sind von der nicht ausreichenden Übung ganz zu schweigen.

Ein weiteres Sorgenkind unserer derzeitigen Bläserar­beit ist der Nachwuchs. Neben der Schule gibt es für Kinder und Jugendliche ein großes Freizeitangebot. Die Ausbildung zum Bläser, (2 Jahre regelmäßges Üben bis zum 1. Einsatz) ist da gewiß nicht die größte Attraktion. Wir haben aus dem Bereich der Friedens­kirche derzeit leider nicht einen Anfänger. Ich komme auf den Anfang zurück. Unser Auftrag hat sich nicht geändert, nur das Um­feld. Vielleicht trägt gerade dieses Chorjubiläum dazu bei, daß Eltern, die langfristig für ihre Kinder und Ju­gendlichen eine Aufgabe in einer guten Gemeinschaft suchen, hier eine Möglichkeit sehen. Die Mitarbeit im Posaunenchor macht Spaß, macht Freude und verbindet sehr unterschiedliche Menschen zu einer gemeinsamen Aufgabe. Daß viele unserer Chormitglieder seit Jahrzehnten dabei sind, ist wohl der beste Beweis, denn wer bleibt schon so lange bei einem Verein, bei dem es ihm nicht gut geht? Wir wollen auch in Zukunft dafür sorgen, daß in unse­rer Gemeinde ein Posaunenchor seinen Dienst tun kann, dafür bitten wir unsere Gemeinde um ihre Fürbit­te und aktive Unterstützung.

Autor: Siegfried Schubert
Der Text wurde aus der Broschüre zum 100-Jährigen Jubileum  1997 entnommen

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